Dienstag, 07.04.2020


Mein erster Online-Tanzunterricht

 

Gestern durfte ich zum ersten Mal ins Studio. Die Tanzschule "Dance Discounter" in Weißensee bietet seit dem 1. April 2020 täglich 2 Einheiten Tanzunterricht für deren Mitglieder. Dafür wurde extra ein Studio mit 4 Kameras eingerichtet, das gemütlich wie ein Wohnzimmer aussieht  und genauso wenig Platz zum Tanzen wie ein Zimmer zu Hause hat. Die Tanzlehrer wechseln jeden Abend, so dass es für die Tänzer nicht nur unterschiedliche Themen, sondern auch unterschiedliche Teams zu sehen sind.

 

Ich hatte schon immer sehr viel Respekt vor Kameras. Als Tänzer*in hat man das Gefühl, dass das Kamera minimum die Hälfte des Bewegungsvolumens auffrisst, dass die Haltung gleich durchhängt oder dass die großen Gefühle, die einem innerlich bewegen, in ein komisches Gesichtchen verzerrt  werden, anstatt Menschen zu berühren (also das Gegenteil von "Bevor man andere berührt, muss man sich selbst erstmal berühren.")

 

Tanzunterricht ist aber was anderes als vor dem Kamera zu tanzen. Die ersten 3-4 Minuten sind schrecklich. Ich bemühte mich um eine lockere Begrüßung und hatte trotzdem das Gefühl, steif und unnatürlich zu wirken. Mit jeder weiteren Minute wurde es vom Gefühl besser, vor allem weil man sein ganzes Wesen einer bestimmten Aufgabe widmet. Die Konzentration ist derartig tunnelartig, dass ich nach 20 Minuten kaum was wahrgenommen habe, außer der "Begrenzungsblume" oder im richtigen Moment in die richtige Kamera zu lächeln.

 

Was sehr unnatürlich ist, ist die Tatsache, dass man keine Rückmeldungen bekommt. Beim normalen Tanzunterricht ist es sehr leicht zu erkennen, ob die Tänzer die Figur mittanzen können oder nicht. Beim Live Stream spricht man ununterbrochen und weiß trotzdem nicht, ob man sich klar und verständlich ausdruckt, ob es den Tänzern Spaß macht, ob sie die Figur nachtanzen können und ob sie es spannend genug finden, um morgen Abend nochmal YouTube einzuschalten.

 

Nach den zwei Stunden Unterricht war ich dann so geschafft, dass ich nur nach Hause gehen wollte, um in ein Pünktchen zu starren, bevor ich dann selig einschlafe. Zum Glück gab es zu Hause mein Lieblingsessen Ofengemüse mit einem Glas Rotwein, so dass ich meinen ersten Online Unterrichtsabend mit einem fantastischen Ausklang in Erinnerung behalten werde. 


Kommentare: 2
  • #2

    Christina (Dienstag, 14 April 2020 14:48)

    Liebe Tania, du hast es toll gemacht. Ich stelle es mir unendlich schwer vor! Respekt! Es wird allerdings Zeit, dass wir uns alle endlich wieder live auf der Tanzfläche sehen und zusammen lachen können.

  • #1

    Jost (Freitag, 10 April 2020 10:59)

    Also mir ging es ganz ähnlich. Ich hatte einige Tage vor dir das „Vergnügen“. Glücklicherweise nur eine Stunde. Aber eine Stunde nur reden, um deine „Message“ hinüberzubringen, dass war schon heftig. Also ich bin für so etwas nicht ausgebildet gewesen, kenne nur den Dialog mit der Tanzgruppe.
    Man versucht witzig zu sein, damit die Zuschauenden nicht auf dem Sofa einschlafen, aber bekommt keine Rückmeldung. Vor der Gruppe siehst du das Schmunzeln oder das Gähnen und kannst dich darauf einstellen. Hier siehst du nur die schwarzen Linsen der Kameras. Dann stellt sich immer wieder die Frage bzgl. der Richtung bzw. des Blickwinkels. Wie erkläre ich am Besten. Nochmal von hinten, damit die Zuschauenden sich nicht verdrehen müssen, oder besser nochmal von der Seite, damit die Schritte klarer werden? Oder welche Kamera ist jetzt dran, die für das Gesamtbild, oder für die Füße?
    ... und du hast nur einen Take, weil es Live ist!
    Trotz allem, man bringt die Zuschauenden (hoffentlich) in Bewegung, dass ich sie bewege, würde ich mir nicht anmaßen zu sagen, und es macht eine Erfahrung reicher. Hinterher hätte mir ein Glas Wein nicht gereicht! Ich brauchte einen ganz langen Wasserhahn. Ich glaube mein Mund und Hals waren noch nie so trocken.
    In diesem Sinne, wir werden es wiederholen und hoffen damit bei den Zuschauenden etwas Abwechslung in diese merkwürdigen Tage zu bringen.